Am 4. September hatte das Seminarfach Judentum eine Exkursion in das Pfarrzentrum der St. Bonifatius Kirche in Lingen. Vor Ort durften sich die Schรผlerinnen und Schรผler einen Vortrag zum Thema Orthodoxes Judentum anhรถren. Zu Gast war der Rabbiner Michael Grรผnberg aus Osnabrรผck. Am Ende gab es eine Fragerunde, die allen Beteiligten sehr nahe ging.
Die Veranstaltung wurde vom Forum Juden-Christen organisiert. Sie ,,engagieren [sich] gegen Antisemitismus und fรผr Toleranzโ und sorgen mit ihren Treffen fรผr Austausch und Diskussion. Michael Grรผnberg, der erste Vorsitzende der jรผdischen Gemeinde Osnabrรผck, erzรคhlte in einem 90-minรผtigen Vortrag von dem orthodoxen Judentum und der Geschichte des Judentums. Er selbst kommt aus Sรถgel. Daher gab er auch einen Einblick in das jรผdische Leben hier in der Region.
Im Judentum gibt es viele Strรถmungen: Es gibt progressive liberale Juden, konservative oder wie Herr Grรผnberg auch orthodoxe Juden. Bei letzteren gibt es viel mehr Regeln und Gesetze. Dass man am Schabbat nicht arbeiten soll, ist bekannt. Herr Grรผnberg darf als strengglรคubiger Jude aber nicht einmal einen Lichtschalter betรคtigen, da das als Feuermachen gilt. Laut ihm seien orthodoxe Juden aber keinesfalls extreme Menschen, ,,die sich an alle Regeln haltenโ. Religion sei individuell. Es gehe darum den Kontakt in die nรคchste ,,Etageโ zu finden. Und bei orthodoxen Juden ist das eben etwas strenger gestrickt.
ย Im Emsland und der umliegenden Gegend war und ist das traditionelle orthodoxe Judentum verbreitet. Das liegt daran, dass diese Region schon immer religiรถser gewesen sei. Michael Grรผnberg berichtete dabei aus seiner Kindheit und erinnerte sich, wie auch seine christlichen Freunde regelmรครig zur Kirche gehen mussten. Heute gibt es hier allerdings kaum noch jรผdische Einwohner. Wer zum Gottesdienst will, mรผsse nach Osnabrรผck. Dort findet das Gemeindeleben statt.
Nach der Shoah wurde das jรผdische Leben in Deutschland beinahe komplett ausgelรถscht. Nur durch die Zuwanderung der Juden aus Osteuropa konnten die jรผdischen Gemeinden weiter bestehen. Es war die Aufgabe, diese Menschen zu integrieren. Und das sei laut Herrn Grรผnberg gut gelungen. Nach der russischen Einwanderung hat sich die Mitgliederanzahl in Osnabrรผck bis heute mehr als verzehnfacht.
Michael Grรผnberg ist ein engagierter Mensch. Als Gemeindevorsitzender trรคgt er eine groรe Verantwortung. Er schรคtzt den interreligiรถsen Dialog und schรคtzt vor allem das enge Verhรคltnis zur katholischen Kirche. Mit dem Christentum fรผhre man immer einen ,,Austausch auf sehr hohem Niveauโ. Herr Grรผnberg konnte in seinem Vortrag รผber vieles aufklรคren und sorgte mit seiner lockeren Art oftmals fรผr Lacher. Schlieรlich konnten die Schรผlerinnen und Schรผler eine Menge lernen. Am Ende durften alle Beteiligten noch Fragen stellen, wobei eine Frage alle verstummen lieร:
Die Frage nach einem politischen Statement zum Israel-Gaza Konflikt lieร Michael Grรผnberg ziemlich emotional werden. Er erinnerte alle daran, welche Grรคueltaten am 7. Oktober geschehen waren und in welcher existenziellen Krise sich Israel befinde.
Ob orthodox oder nicht โ dieser Konflikt sei eine Last fรผr alle Juden. Er plage alle Meschen, die inmitten dieses Krieges leben mรผssen.