,,Heute [am 12. Juni] ist der Anne Frank Tag. Vor 96 Jahren in Frankfurt geboren. Mit vier Jahren nach Amsterdam, weil die Welt einen plötzlich nicht mehr mag. Vor 83 Jahren ein Tagebuch bekommen, das später ein bedeutsames Werk der Weltliteratur werden sollte. Und mit 15 Jahren Typhus im Konzentrationslager Bergen-Belsen.”
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Morgenimpuls, den wir für unsere Mitschülerinnen und Mitschüler vorbereitet hatten. Als Seminarfach Judentum, war es unsere Aufgabe, den Anne Frank Tag an unserer Schule, dem Franziskusgymnasium in Lingen, zu gestalten. Um dieser besonderen Aufgabe gerecht zu werden, haben wir uns in mehrere Gruppen aufgeteilt. Die eine hat unseren Meditationsraum in eine informative Ausstellung verwandelt, die die Schülerinnen und Schüler in den Pausen besuchen konnten.


Dank einer weiteren Gruppe strahlte der Schulhof in bunten Farben und es hingen im gesamten Gebäude Plakate, die berühmte Zitate von Holocaust-Überlebenden trugen. Uns war es wichtig, dass möglichst viele den Anne Frank Tag miterleben. Deshalb haben wir mit bunten Kreiden dafür gesorgt, dass ihn keiner übersieht. Motive wie eine Familie, Regenbogen, Davidsterne, Friedenssymbole, Herzen und Sonnen sollten an Nächstenliebe, Toleranz und Menschlichkeit erinnern.
Für Hass und Hetze ist an unserer Schule kein Platz.
Die letzte Gruppe hat einen etwas moderneren Morgenimpuls entwickelt. Uns war wichtig, den Anne Frank Tag für so viele, wie möglich, zugänglich zu machen. Deshalb haben wir uns entschlossen, einen Videobeitrag anstelle eines langatmigen Textes zu machen. Auf diese Weise konnten wir mehr junge Menschen erreichen. Das ist von hoher Bedeutung, damit das Thema Antisemitismus nicht untergeht.
Für den Morgenimpuls haben wir eine fiktive Geschichte des jüdischen Schülers Daniel erzählt, der von seinen Sorgen und Gefühlen in Form eines Tagebucheintrags berichtet. Er ist neu an seiner Schule und fragt sich, was seine Mitschüler von ihm denken. Nachdem Tim ihn in den Park einlädt, befürchtet Daniel, dass er Vorurteile haben könnte. Ganz im Gegenteil akzeptiert Tim ihn jedoch und stellt ihm später seine Freunde vor. In der Gruppe macht einer einen rassistischen Witz, woraufhin alle schweigen. Daniel verlässt die Gruppe. Der Zuschauer wird in ein Dilemma versetzt, indem er an Tims Stelle entscheiden muss, ob er Daniel folgt und seine Freundesgruppe verlässt, oder ob er bleibt und vielleicht sogar einen weiteren Witz macht.
“Was würdest du tun?”
Mit dieser Kurzgeschichte werden gruppendynamische Prozesse in der heutigen Zeit thematisiert und das Thema Antisemitismus auf eine moderne Art aufgegriffen. Die jüngeren Schülerinnen und Schüler, bei denen solche Prozesse durchaus aktuell sein könnten, wurden im Nachhinein von ihrer Lehrkraft gefragt, was man heute an Tim oder Daniels Stelle tun könnte, wenn man Ausgrenzung aufgrund von Herkunft oder Religion erfährt.
Der zweite Teil des Morgenimpulses beschäftigte sich mit der Geschichte Anne Franks und erinnerte uns daran, dass Anne Frank Träume und Wünsche hatte und immer an das Gute im Menschen glaubte. “Wir können diese guten Menschen sein” und uns dafür einsetzen, dass wir unsere Träume und Wünsche erfüllen können. Es kommt darauf an, wofür wir uns entscheiden.
Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe wurden mit dem letzten Teil des Impulses konfrontiert, indem es um einen Appell an die Menschlichkeit ging. Ähnlich wie ihn Margot Friedländer formuliert hatte.
Uns ging es beim Anne Frank Tag darum, nicht mit dem Finger auf den anderen zu zeigen. Wir wollten den Lehrern wie den Schülern eines vermitteln: Und zwar seinem Nächsten mit Liebe und Respekt zu begegnen und endlich den Menschen in unserem Gegenüber zu sehen.
Alles in allem gab es für den Impuls als auch die Ausstellung und das bunte Schulgelände viel positive Resonanz. Wir hoffen, dass dieses Thema wieder stärker in die Köpfe der Leute gerückt ist und dass die Geschichte von Anne Frank niemals vergessen wird.